Bin ich glücklich oder ist das schon Gift? Toxic Positivity
Die Macht des positiven Denkens….
Seit jeher gehen wir damit um, dass unser Gemütszustand keine Konstante ist, sondern sich situativ verändert. Mal fühlen wir uns besser, mal schlechter. Manche Gefühlslagen nehmen wir als positiv wahr, andere als negativ, wieder andere als neutral. Das ist normal.
Normal ist auch, dass wir grundsätzlich eher danach streben, uns gut zu fühlen, nicht danach, traurig oder wütend zu sein.
Problematisch wird dies, wenn wir versuchen, emotionale Abkürzungen zu nehmen, und uns schon bei Anflügen von Traurigkeit zwanghaft gute Stimmung verordnen.
Schon 1952 landete der Autor Norman Vincent Peale einen „New York Times“-Bestseller mit dem Titel „Die Kraft positiven Denkens.
Problem? Die Verdrängung und Unterdrückung von als negativ empfundenen Gefühlen. Geht eine Beziehung zu Ende oder verlieren wir einen lieben Menschen oder Haustier, dann empfinden wir Trauer.
Das ist kein angenehmer Zustand, aber ein notwendiger. Wir brauchen Zeit, um diese große Veränderung im Leben zu verarbeiten. Geben wir uns die Zeit nicht, weil wir uns direkt zwanghaft auf Positives konzentrieren, besteht die Gefahr, dass wir die Trauer und Unzufriedenheit jahrelang unbewusst und unverarbeitet mit uns herumtragen.
Je weniger wir uns derartigen Emotionen stellen, desto größer wird der Ballast, den wir anhäufen. Die Maximierung des Positiven ist in dem Sinne eine Strategie, die kurzfristig zwar erleichtert, aber uns nachhaltig umso mehr schadet.
Sich bei Problemen oder dem Ende einer Beziehung mit einer Club-Bekanntschaft abzulenken, weil man sich dadurch zeitweilig besser fühlt, kann Teil des Trauerprozesses sein. Negative durch positive Gedanken zu ersetzen ist eine Technik, die in kognitiven Therapieverfahren angewendet wird. Und aus negativen Erfahrungen zu lernen und daran zu wachsen kann ein Treiber von persönlicher Weiterentwicklung sein.